Die Altstadt und die Hafencity mussen viel intensiver vernetzt werden – diese Forderung und Zielsetzung bestimmt aktuell die planerischen Bemühungen im Herzen Hamburgs und seiner Metropolregion.
Dahinter steht der krisenhafte Strukturwandel der Innenstädte generell, verstärkt durch die Eröffnung des Westfield-Überseequartiers im Frühjahr 2024. Der 15. November war in dieser Planungsdiskussion ein denkwürdiger Tag: Vormittags präsentierte die Stadtentwicklungsbehörde am Runden Tisch des Ersten Bürgermeisters die Ergebnisse des Ideenverfahrens der sog. „Domachse“. Am Abend eröffnete der Arbeitskreis Stadtentwicklung in einer Veranstaltung unter dem Titel „Verbindung - Überquerung - Zusammenfluss“ eigene zivilgesellschaftliche Vorschläge zur Vernetzung.
Tu Phung Ngo und Henning von Ladiges aus dem Arbeitskreis ordneten die Verbindungsrouten sowohl in ihrer mentalen Bedeutung wie auch in ihren Defiziten und Chancen ein. Sie legten den Fokus auf die Verbesserung des seit langem existierenden „Katharinenweges“ und den dazu erforderlichen, aber vergleichsweise „einfachen“ Rückbau des Verkehrsknotens Domstraße/Willy-Brandt-Straße. Menschlicher Maßstab, kleinteilige Nutzungsmischung, Anziehungspunkte auf dem Weg und weitgehend autoarme Atmosphäre liegen vor und könnten vergleichsweise kurzfristig Wirkung entfalten.
Unter der Moderation von Christoph Twickel (ZEIT Hamburg) diskutierte ein hochkarätiges Podium ausgehend von einer vordergründig simplen verkehrlichen Maßnahme eines neuen Fußgängerüberweges alle Aspekte der Hamburger Innenstadtdefizite: Attraktivität öffentlicher Räume, Umwandlung von Büroflächen in Wohnungen, Aktivierung von Erdgeschossen, Wasserbezug. Hauptpastorin Dr. Murmann („die Stadt ist in der Pflicht, bislang war nur die Zivilgesellschaft aktiv“), Jan Oliver Siebrandt von der Handelskammer („zu viele Jahre ist nichts passiert“), Developer Dennis Barth („Erdgeschossnutzungen kommen automatisch, wenn die Fußgängerfrequenzen stimmen“) und Baudezernent Gordon Nelkner („der Bezirk wird jede Maßnahme für eine fußgängergerechte und nutzungsgemischte City unterstützen“) waren sich einig, dass gute Ideen jetzt vor allem zügig umgesetzt werden müssen.
Staatsrat Martin Bill unterstrich die aus Sicht der Verkehrsbehörde deutlich sichtbaren Erfolge einer Verkehrswende in Hamburgs Innenstadt, räumte aber hinsichtlich der Ost-West-Straße („Sinnbild der autogerechten Stadt“) Handlungsbedarf ein und bezeichnete die Querung des Katharinenweges als gesetzt.
Der Arbeitskreis Stadtentwicklung wollte mit dieser Veranstaltung ausdrücklich keinen Widerspruch zu den Bemühungen der Stadtentwicklungsbehörde zur Domachse anfachen, jede Verbesserung der Vernetzung ist sinnvoll und bitter nötig.
Es geht aber darum, gegenüber den Zeitbedarfen zur Klärung von Grundsatzfragen (Bebauung Domplatz!) kurzfristigere Möglichkeiten zu sehen und zu ergreifen. Die Behörde wurde aufgefordert, die Querung Katharinenweg vor dem Umbau Domstraße/Steinstraße in drei Jahren provisorisch anzulegen und damit auch hier ein deutliches Zeichen für die Verkehrswende zu setzen!
Carl-Henning von Ladiges