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Die Stiftung "Bürger-Engagement in Hamburgs Quartieren – Sigrid und Klaus-D. Curth", eine Treuhandstiftung der Haspa Hamburg Stiftung, verleiht 2025 erstmals den "Sigrid + Klaus Curth-Preis für Stadtakteure 2025 - Bürger-Engagement für gesunde Quartiere". Sie ist dafür eine Kooperation mit der Patriotischen Gesellschaft eingegangen. Das Preisstifter-Ehepaar stellt seine Beweggründe für die Auslobung des Preises dar.
Sie sind bereits seit ihrer Jugend gemeinnützig engagiert. Nun haben Sie eine Stiftung gegründet und den „Sigrid + Klaus Curth-Preis für Stadtakteure“ ausgeschrieben. Was hat Sie dazu bewogen?
Es ist die Überzeugung, dass unsere Demokratie, geprägt durch Politik und Wirtschaft, eine starke und vor allem unabhängige Zivilgesellschaft benötigt. Die kommunale Ebene bietet vielfältige Möglichkeiten der Mitwirkung.
Wir wollen Akteursgruppen als Vorreiter prämieren, die Handlungsspielräume in ihrem sozialen Umfeld mit Findigkeit, Innovationskraft und Ausdauer erschließen und im Interesse gemeinnütziger Ziele zu sozialer und nachhaltiger Gestaltung ausweiten und verstetigen.
Denn diese „Experten vor Ort“ haben viel zu bieten. Das Potenzial für öffentliche Planungs- und Veränderungsprozesse wird in der Breite viel zu selten genutzt. Auch der Umstand, dass Beteiligung die Akzeptanz für den Wandel fördert und Identität im Quartier schafft, wird leicht übersehen. Wo freiwilliges Engagement der Mitbürger langfristig und sichtbar Erfolge für das Gemeinwohl erzielt, trägt es zur Stärkung alter und neuer Nachbarschaften bei und ermutigt zu weiteren Aktivitäten im Stadtteil. Der Preis will dazu alle zwei Jahre einen Impuls in unterschiedlichen sozialen Feldern auslösen.
Der Preis legt 2025 den Fokus auf „StadtGesundheit”. Was macht ein „gesundes Quartier“ aus?
Im Einklang von körperlichem, seelischem und sozialem Wohlbefinden ist Gesundheit ein Schlüsselbegriff für vieles, was für die Lebensqualität in Hamburgs Stadtquartieren essentiell ist. Darum haben wir dieses Thema bevorzugt ausgewählt. Denn Gesundheits- und Sozialstatus der Menschen bestimmen vielfach auch die Spielräume für Teilhabe.
Der Gesundheitssektor ist das Feld öffentlicher, privater, kirchlicher und freigemeinnütziger Träger. Die Qualität der Einrichtungen und deren Verteilung in der Fläche halten jedoch mit den wachsenden Anforderungen einer vielfältigen Stadtgesellschaft an eine zureichende öffentliche Gesundheitsversorgung nicht überall stand. Es fehlt zudem nicht selten an neuen Formen und Zugangsoptionen zu niederschwelliger dezentraler Primärprävention, zumal mit ganzheitlichem Ansatz.
Bürgerprojekte für StadtGesundheit können hier wegweisend für unkonventionelle Lösungen sein und auf Gesundheitsrisiken oder Versorgungslücken aufmerksam machen. Zusammen mit quartiersbezogener Forschung werden nachahmenswerte Beispiele eine integrierte Stadtentwicklung voranbringen.
Der Preis ist auf Dauer finanziert und angelegt. Welche nachhaltige Wirkung erhoffen Sie sich von dem Preis?
Aus eigener Erfahrung in vielen sozialen Projekten sehen wir noch immer viele Hindernisse für selbstbewusste Stadtbürgerschaft. Als „Dritte Kraft“ und gut vernetzt kann zivilgesellschaftliches Engagement notwendige Strukturreformen unterschiedlicher Reichweite idealerweise mutiger und mit innovativer Schubkraft angehen. In der ausschließlich entlastenden Funktion für Mängel im Sozial- und Versorgungssystem bliebe sie jedoch auf halbem Wege stehen. Wir möchten dazu beitragen, dass Bürger-Engagement über den Tellerrand der lokalen Einzelaktionen demokratische Lernprozesse auslost und weiterreichende Perspektiven der Stadtentwicklung in Gang hält.
Wenn das Zukunfts-Versprechen der frühen Bürgergesellschaft: Freiheit, Gleichheit und Solidarität für das 21. Jahrhundert als tragfähige Botschaft allgemein werden soll, braucht es viele Schritte zur Neubestimmung des Sozialen und Wege zu demokratischer Verständigung in Richtung grundlegender Verbesserung der Lebensverhältnisse. Das Ehrenamt alter Prägung verliert tendenziell an Zuspruch. Neue Formen von Gemeinsinn und „Wir-Gefühl“ zeigen sich bereits in einer Vielfalt von Initiativen und Netzwerken.
Unser Preis zielt auf diese lokalen Stützpunkte, denn sie brauchen weiterhin die Kraft der Organisation gegen Zersplitterung und Anpassungsdruck. Benötigt wird heute weit mehr als persönliche Anerkennung im Ehrenamt. Das Selbstverständnis informierter und aufgeklärter Bürger verlangt für nachhaltige und sinnstiftende soziale Praxis der Freiwilligen optimierte städtische Rahmenbedingungen und ein zukunftsweisendes Verständnis von Partizipation im öffentlichen Raum.
Für die anstehenden Transformationen und den Schutz einer offenen demokratisch verfassten Gesellschaft wird u. a. ein Klima des Aufbruchs nötig sein, der Vernunft und Emotion gleichermaßen anspricht. Wenn die Entscheidungsträger in gesamtstädtischer Verantwortung mit dem Engagement fortschrittlicher ziviler Stadtbürger zusammengehen, lässt sich bis hinein in die Bezirke und Quartiere Strukturwandel beschleunigen und im Detail vieles zum Besseren wenden.
Im Kreis der zahlreichen Hamburger Stiftungen und selbstlosen Förderer bleiben wir als Privatleute optimistisch, dass auch unser Beitrag Früchte tragen wird.