Lesekreis Türkische Literatur am 17. Oktober 2023 - Yaşar Kemal: Auch die Vögel sind fort

Haus der Patriotischen Gesellschaft

Trostbrücke 4, 2. Stock
Gesellschaftsraum
20457 Hamburg
Deutschland

wir möchten Sie herzlich einladen zum

Lesekreis "Türkische Literatur"

Yaşar Kemal: Auch die Vögel sind fort

am Dienstag, 17. Oktober 2023, 19:00 Uhr
im Haus der Patriotischen Gesellschaft, 2. OG, Gesellschaftsraum
Trostbrücke 4 (Kontoreingang), 20457 Hamburg

Einführung und Moderation: Detlef Rönfeldt (Sprecher des Lesekreises)

Yaşar Kemal wurde am 6. Oktober 1923 in einem Dorf der Çukurova geboren, einer kurdisch geprägten, fruchtbaren Tiefebene am Fuße des Taurusgebirges im Südosten Anatoliens. Es sind vor allem die unterdrückten und verarmten Menschen seiner ländlichen Heimatregion, denen Kemal in seinen Romanen eine Stimme gegeben hat. Menschen zwischen staatlicher Repression und Ausbeutung durch mächtige Großgrundbesitzer. Auch seine eigene Kindheit war von Armut und Gewalt geprägt: Er musste, als er fünf war, mit ansehen, wie sein Vater in einer Moschee ermordet wurde und verlor darüber seine Stimme. Nur mühsam konnte er sie sich durch das Singen alter Balladen wieder aneignen. Früh verließ er die Schule und musste sich mühsam durchs Leben schlagen: als Wasserträger, Baumwollpflücker, Hilfsarbeiter und Briefeschreiber für seine des Lesens und Schreibens unkundigen Landsleute. All das hat tiefe Spuren in seinem von der Volkspoesie seiner anatolischen Heimat, ihrer mündlichen Erzähltradition, ihren Märchen und Legenden geprägten Werk hinterlassen.

Heute gilt Kemal, der 2015 im Alter von 91 Jahren verstorben ist, als "Herold einer anderen Türkei" und als einer der großen Erzähler der Weltliteratur. Zu Lebzeiten war er immer wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch. In Deutschland wurde er spätestens 1997 einem breiteren Publikum bekannt, als er mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels geehrt wurde. Obwohl er wegen seiner politischen Ansichten in seiner Heimat immer wieder angeklagt und inhaftiert wurde, erhielt er 2008 den Türkischen Staatspreis. Sein mehrbändiger Roman "Memed mein Falke", mit dem er ab 1955 Aufsehen erregte, ist einer der Klassiker und sicher das mit Abstand populärste Werk der neueren türkischen Literatur. Es ist die Geschichte eines Bauernjungen, der aus Wut über die diktatorische Herrschaft eines Großgrundbesitzers zum Räuber und Rebellen wird.

Der Filmregisseur Elia Kazan ("Die Faust im Nacken") schrieb über ihn: "Yaşar Kemal verbindet Wirklichkeit, Fantasie und Volkstradition und bringt daraus Epen hervor. Er ist ein Erzähler in der ältesten Tradition, in der Tradition Homers, ein Sprecher für ein Volk, das keine Stimme hatte. Kemal wendet sich an die Welt, als ob die ganze Menschheit sich um sein Lagerfeuer drängte, auf der Suche nach Wärme und Zuversicht."

Und anlässlich seines 90. Geburtstags schrieb Norbert Mecklenburg auf literaturkritik.de: "Yaşar Kemal gehört (…) zu den herausragenden Autoren einer ›regionalistischen Internationale‹ in der modernen Weltliteratur. Dieser Regionalismus hat nichts rückwärtsgewandt Provinzielles wie die konservative Heimatliteratur, sondern setzt sich mit den Problemen der Modernisierung und Globalisierung auseinander und gewinnt auf diese Weise universelle Geltung."

Ein gutes Beispiel für Kemals Erzählkunst ist der 1973 erschienene kleine Istanbul-Roman "Auch die Vögel sind fort", mit dem wir uns am Abend des 17. Oktober beschäftigen wollen.

Wir bitten um Ihre Anmeldung bis zum 13. Oktober.

Die nächsten Bücher auf unserer Leseliste:

Ahmet Ümit: Nacht und Nebel (21. November)
Aşlı Erdoğan: Die Stadt mit der roten Pelerine (19. Dezember)