Lesekreis „Türkische Literatur" Selahattin Demirtaş Roman "Kaltfront"

Haus der Patriotischen Gesellschaft

Trostbrücke 4, 2. Stock
Gesellschaftsraum
20457 Hamburg
Deutschland

Selahattin Demirtaş: Kaltfront

am Dienstag, 19. März 2024, 19:00 Uhr
im Haus der Patriotischen Gesellschaft, 2. OG, Gesellschaftsraum
Trostbrücke 4 (Kontoreingang), 20457 Hamburg

Einführung und Moderation: Detlef Rönfeldt (Sprecher des Lesekreises)

Selahattin Demirtaş ist ein 1978 in Ostanatolien geborener türkischer Jurist, Politiker, politischer Gefangener und ehemaliges Mitglied der türkischen Nationalversammlung. Von 2014 bis 2018 war er Co-Vorsitzender der pro-kurdischen Partei HDP (Halkların Demokratik Partisi - Demokratische Volkspartei), der drittstärksten Kraft im türkischen Parlament, die bei den Wahlen 2018 11,7 Prozent und 2023 9,3 Prozent der Stimmen erhielt. Im November 2016 wurde Demirtaş verhaftet und befindet sich seitdem wegen des Verdachts der Terrorunterstützung in Untersuchungshaft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat seine Inhaftierung 2020 als "politisch motiviert" eingestuft und seine sofortige Freilassung gefordert. Die Türkei hat das Urteil bisher jedoch noch nicht umgesetzt, obwohl sie als Mitglied des Europarats rechtlich dazu verpflichtet wäre.

Demirtaş, der selbst der Bevölkerungsgruppe der Zaza entstammt, hat sich als Politiker besonders für die Rechte von Minderheiten – speziell der Kurden – eingesetzt und mit seinem Engagement für Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung auch international große Anerkennung gefunden. Er galt lange als Hoffnungsträger der türkischen Opposition und hat sich wiederholt vehement gegen jede Form von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ausgesprochen – auch von Seiten der PKK, der kurdischen Arbeiterpartei. Bei den Präsidentschaftswahlen 2014, bei der erstmals in der Türkischen Republik der Staatspräsident direkt gewählt wurde, war er einer von zwei Kandidaten, die gegen Recep Tayyip Erdoğan antraten und erzielte mit knapp 10 Prozent der Stimmen einen viel beachteten Erfolg. 2018 wurde er von der HDP erneut als Spitzenkandidat für die Präsidentschaftswahlen nominiert, obwohl er zu dem Zeitpunkt schon im Gefängnis saß. Er erhielt 2021 den Menschenrechtspreis der Stadt Weimar, der alljährlich am 10. Dezember verliehen wird, ist seit 2018 Ehrenmitglied des deutschen PEN-Zentrums und wurde 2019 für den Friedensnobelpreis nominiert. Nach den Präsidentschaftswahlen 2023 hat er seinen Rückzug aus der Politik angekündigt.

Während seines Gefängnisaufenthalts begann Selahattin Demirtaş Kurzgeschichten zu schreiben. Sie liegen inzwischen in zwei Bänden auch auf Deutsch vor und bieten ein sehr eindringliches Bild der aktuellen Zustände in der Türkei. "Morgengrauen" (Originaltitel: "Seher"), im September 2017 veröffentlicht, wurde ein Bestseller und verkaufte sich in der türkischen Ausgabe mehr als 200.000 Mal. "Ein erstaunliches literarisches Debüt", schrieb Günter Wallraff über das Buch. "Kaltfront" (Originaltitel: "Devran"), das Buch, mit dem wir uns am 19. März beschäftigen wollen, folgte 2019 und ist 2023 in der Übersetzung von Gerhard Meier auch bei uns erschienen. Im Klappentext des Penguin Verlags heißt es dazu: "Die beinahe märchenhaft anmutenden Kurzgeschichten in ‘Kaltfront‘ blicken tief in die Seele der Türkei. Mitfühlend und liebevoll erzählt Demirtaş von den Ärmsten der Gesellschaft: den Hilfsarbeitern, den Busfahrern, den Straßendieben – sie alle eint der Wunsch nach einem glücklichen Leben und die schiere Ausweglosigkeit ihrer Situation."

Wenn Sie mit uns über Selahattin Demirtaş und seine Erzählungen diskutieren möchten, melden Sie sich bitte an.

Die nächsten Bücher auf unserer Leseliste:
Murat Uyurkulak: Zorn (16. April)
Zülfü Livaneli: Unruhe (21. Mai)
Elif Shafak: Unerhörte Stimmen (18. Juni)
Orhan Pamuk: Cevdet und seine Söhne (17. September)
Ahmet Ümit: Patasana (15. Oktober)
Nedim Gürsel: Der Sohn des Hauptmanns (19. November)
Mario Levi: Istanbul war ein Märchen (17. Dezember)